In den USA gibt es zwischen Demokraten und Republikaner noch keine Einigung was das neue Corona-Hilfspaket anbelangt. Dies besorge die Marktteilnehmer, denn das Programm und Hilfen aus Washington seien wichtig für den Ölmarkt und die Entwicklung der Nachfrage, besonders bei Benzin, so Analyst John Kilduff, von Again Capital. Je länger sich die Gespräche hinziehen, desto stärker würde dies die Stimmung belasten, so seine Warnung.
Letzten Endes sind weitere Hilfen allerdings wahrscheinlich, da im sich Wahljahr keine der Parteien anlasten will, Hilfen für die Arbeitnehmer und Bevölkerung blockiert zu haben. Dennoch gibt es grundsätzlich Sorgen, was die US-Benzinnachfrage betrifft. Es gibt Anzeichen, dass diese nun zwischen 8,5 und 9,0 Mio. B/T stagnieren könnte, und das in einer Zeit, in der der Treibstoffbedarf eigentlich auf den Jahreshöchststand klettern sollte.
Auch in anderen Ländern der Welt sieht es gerade danach aus, dass es eher wieder Einschränkungen im öffentlichen Leben geben wird, als dass die Lockdowns weiter aufgeweicht werden. Die Entwicklung der Pandemie und die daran gekoppelte Ölnachfrageentwicklung bleiben der Schlüssel für die weitere Preisentwicklung an den Ölbörsen. Die Analysten bei Rystad Energy gehen davon aus, dass eine zweite Infektionswelle des Virus, in Verbindung mit der ab August steigenden Produktion der OPEC+ Gruppe, sogar in einer Überversorgung für die kommenden vier Monate münden könnte.
Michael McCarthy, von CMC Markets, betont allerdings, dass es viele Unsicherheiten bezüglich des globalen Wirtschaftswachstums gibt und die die Ölpreise daher anfällig für Veränderungen bei der Marktstimmung bleiben. Seiner Ansicht nach könnte WTI, bei bearishen Bestandsdaten des DOE, auch wieder die 40 Dollar-Marke testen.
Unterdessen haben in Europa die Raffinerien ihre Produktion von Benzin in den letzten Wochen um etwa 0,5 Mio. B/T gesteigert. Zum Teil wird dies sicherlich den zunehmenden Bedarf durch den Straßenverkehr in den Sommerferien aufgenommen werden, für gewöhnlich hat man den Überschuss aber auch an den US-Markt abgesteuert. Doch gerade hier scheint die Sommernachfrage aktuell zu stagnieren, sodass dies ein Problem werden könnte und die Einlagerung von Ölprodukten begünstigen könnte.
Auch bei Rohöl zeichnet sich eine stärkere Tendenz zur Einlagerung ab. Die Contango-Konstellation hatte in der letzten Woche zugenommen, was ein Zeichen für eine bessere Versorgungslage ist. „Egal wie man es dreht, Contango begünstigt Lageraufbauten“, so Analyst Bob Yawger, von Mizuho Securities. So lange diese Konstellation bleibt, werden die Preise Probleme haben weiter zu steigen. Vielmehr glaubt Yawger, dass ein Preiseinbruch wahrscheinlicher sei.
Mit Blick auf die aktuellen Nachfrageentwicklungen, insbesondere in den USA, aber auch in Ländern wie Indien, ist die fundamentale Konstellation heute Morgen eher leicht bearish einzuschätzen. Wichtig für den stimmungsgetriebenen Markt werden heute aber die US-Ölbestandsdaten des DOE um 16:30 Uhr sowie die Kommentare der Fed sein, von der man eine Zusage für langfristig stützende Maßnahmen erwartet. Diese haben das Potenzial mit entsprechenden Impulsen für eine Reaktion in die ein oder andere Richtung zu sorgen.