Atomabkommen: Einigung schon in den nächsten Wochen?

Die Sondierungsgespräche zu einer Wiederaufnahme des Atomabkommens sind in dieser Woche fortgesetzt worden und scheinen Fortschritte zu machen. Verhandelt wird über eine Rückkehr zum 2015 geschlossenen Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), der 2018 von der Trump-Administration aufgekündigt wurde und eine Vielzahl von strikten Sanktionen gegen den Iran zur Folge hatte. Seitdem waren die Fronten verhärtet und der Iran hatte begonnen, sein Atomprogramm immer weiter auszubauen. Teheran knüpft an eine Rückkehr zu den Verpflichtungen aus dem Vertrag eine vollständige Aufhebung der Sanktionen.  

„Ist es möglich, dass wir in den nächsten Wochen eine beidseitige Rückkehr zu den im Vertrag festgeschriebenen Verpflichtungen sehen? Ja, das ist es.“, wird ein hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums zitiert. „Ist es wahrscheinlich? Das wird sich zeigen, denn die Entscheidung muss letztlich im Iran getroffen werden“. Irans Verhandlungsführer Seyed Abbas Araghchi gab an, der Iran versuche sein Möglichstes, man werde aber nichts überstürzen. Es sei noch ein langer Weg zu gehen.

Aus Diplomatenkreisen heißt es, Washington habe einen umfassenden Vorschlag unterbreitet, der die Aufhebung von Sanktionen in Schlüsselsektoren wie Öl, Gas und Banken beinhaltet. Beobachter vermuten allerdings, dass der Iran sich nicht vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen am 18. Juni auf einen Deal einlassen wird, da das Parlament in der Frage tief gespalten ist. Sollte es dennoch schon in den nächsten Wochen zu einer Einigung und damit verbundenen Sanktionsaufhebungen kommen, könnte in den Sommermonaten deutlich mehr Öl auf den Markt gelangen als bisher angenommen, was die Ölpreise unter Druck setzten würde – vor allem wenn die Nachfrageerholung nach Corona hinter den Erwartungen zurückbleiben sollte.

Marktlage

Auch wenn optimistische Nachfrageprognosen für große Volkswirtschaften wie die USA, China und Europa weiterhin für ein grundsätzlich bullishes Stimmungsbild sorgen, setzten sich zum Ende der Woche wieder einige Unsicherheiten an den Ölmärkten durch. So ist etwa der Benzinverbrauch in den USA zum zweiten Mal in Folge gesunken, obwohl immer mehr Öffnungen eigentlich für eine Zunahme des Kraftstoffbedarfs sprechen würden. Gleichzeitig verschärft sich die Lage in Indien täglich.

„Was den Markt von einer stärkeren Rally abhält, sind die Corona-Probleme in einigen Ländern Außerdem reicht die Nachfrageerholung hier in den USA nicht ganz aus, um die Preise Richtung 70 Dollar pro Barrel zu treiben“, meint John Kilduff von Again Capital LCC. Der Londoner Kontrakt hatte diese Marke zwar Mitte der Woche getestet, aber nicht knacken können.

Phil Flynn von der Price Futures Group macht noch einen weiteren Faktor aus, der auf die Stimmung der Anleger drückt: „Nachdem Saudi-Arabien die Verkaufspreise für Rohöl gesenkt hat, war das eine deutliche Erinnerung daran, dass es immer noch Gefahren durch Corona gibt, die sich auf die Nachfrage auswirken könnten“. Die Saudi-Aramco hatte am Mittwoch ihre Verkaufspreise für Juni für alle Abnehmer außer die USA gesenkt, was von den Marktteilnehmern als Hinweis darauf verstanden wurde, dass die Nachfrage sich gerade im asiatischen Raum und in Europa nicht so schnell erholen könnte wie bisher angenommen.

Für die Analysten von Oanda ist die prekäre Lage in Indien der größte Unsicherheitsfaktor, der einen stärkeren Preisanstieg zur Zeit verhindert. Sie rechnen damit, dass vor allem die Überlastung des indischen Gesundheitssystems zu langwierigen, flächendeckenden Lockdowns führen wird. „Sobald sich die Covid-Krise in Indien bessert, könnte WTI um 10 bis 15 Prozent zulegen“, so die Experten.

Allerdings sieht es danach erst einmal nicht aus, denn das Virus breitet sich in Indien immer weiter aus. Inzwischen verzeichnet das Land fast täglich mehr als 400.000 Neuinfektionen, mehr als 200.000 Menschen sterben täglich an Covid-19. Ein Ende der brutalen zweiten Welle ist für den drittgrößten Ölverbraucher der Welt aktuell nicht in Sicht. In Japan plant die Regierung unterdessen, den vor einigen Wochen verhängten coronabedingten Ausnahmezustand bis Ende Mai zu verlängern. Auch hier sinken die Zahlen nicht so schnell wie erhofft und die Regierung will die im Juli geplanten Olympischen Spiele nicht gefährden.

Von der Angebotsseite bleibt der Iran ein Lotterielos. Auch wenn es bisher noch keine konkrete Einigung in Sachen Atomabkommen gab, scheinen die Verhandlungen doch recht gut voranzugehen. Sollte es zu einer Einigung kommen, im Zuge derer die USA ihre Sanktionen teilweise der gar komplett aufheben, könnte dann alles ganz schnell gehen. Teheran hatte zuletzt immer wieder angekündigt, die Ölproduktion im Falle des Falles zügig steigern zu wollen. Der Markt müsste dann zusätzlich zu den steigenden OPEC+ Mengen auch die außerplanmäßigen Mengen aus dem Iran absorbieren, da dieser von den Kürzungen ausgenommen ist.