*GD 21 = Gleitender Durchschnitt 21 Tage (Chart)
Der entscheidende Teil des Handelsgeschehens spielte sich am Donnerstag in der zweiten Tageshälfte ab. Am Morgen war die fundamentale Ausgangslage für die Ölfutures noch neutral worden. Das DOE hatte am Vortag einen massiven Rückgang der landesweiten Rohölbestände und einen Anstieg der Produktnachfrage für die vergangene Woche gemeldet. Zusammen mit der Aussicht auf eine weiter stark expansive Geldpolitik der Fed wirkte dies den gemeldeten Bestandszuwachs bei Benzin und Destillaten sowie der Erwartung eines langsameren US-Wirtschaftswachstums und den wieder aufkeimenden Sorgen über ein Überangebot entgegen. Auch die charttechnische Konstellation war am Donnerstagmorgen neutral. Hauptimpulsgeber waren in der ersten Tageshälfte die europäischen Aktienmärkte, die Teils deutliche Verluste hinnehmen mussten. Kommentare des Shell CEOs, der eine langsame Erholung der Nachfrage erwartet belasteten den Markt zusätzlich, sodass die GD 21 schon vor Mittag unterschritten wurden und WTI Kurs auf die 40 Dollar-Marke nahm. Nachdem am frühen Nachmittag eine erste Vorabschätzung zum Wirtschaftswachstum der USA im zweiten Quartal den stärksten Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen zeigte, hagelte es auch an den US-Aktienmärkten Verluste. Dies übertrug sich auch auf die Ölfutures, die innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Unterstützungen durchbrachen. WTI fiel im Zuge dessen auf den niedrigsten Stand seit Ende Juni und somit sogar unter 39 Dollar. Kurz nachdem die Ölfutures ihre Tagestiefs erreicht hatten, erholten sich die US-Aktienmärkte wieder leicht und die Händler an den Ölbörsen nahmen Gewinne aus Short-Positionen mit. WTI konnte sich somit letztlich wieder zurück über die 40 Dollar-Marke hieven. Da auch die übrigen Kontrakte wieder zulegen konnten, wurde das rechnerische Abwärtspotenzial, das sich während des starken Kursrutsches an den Ölbörsen bei den Inlandspreisen ergeben hatte, wieder relativiert. Nichtsdestotrotz gingen die Ölfutures im Vergleich zu Donnerstagvormittag deutlich weicher aus dem Handel.
Kanada darf mehr Öl über Keystone Pipeline exportieren
Die US-Regierung hat dem Pipelinebetreiber TC Energy Corp. (ehemals TransCanada) am Mittwoch die Genehmigung erteilt, mehr Öl über die Keystone Pipeline in die USA zu exportieren. Bislang lag die Grenze für die Lieferungen bei etwa 590.000 B/T. Diese wurde nun auf 760.000 B/T angehoben.
Das Öl, das über die Pipeline exportiert wird, kommt hauptsächlich von den Ölsandgebieten im Westen Kanadas. TC Energy Corp. plant jedoch eigenen Angaben zufolge weniger als ein Drittel der genehmigten Zusatzmengen in die Pipeline einzuspeisen. „[…] wir gehen davon aus, dass wir in der Lage sein werden, weitere 50.000 B/T zu befördern, wofür wir zusätzliche Kontrakte mit 20 jähriger Laufzeit gesichert haben,“ so der Sprecher des Unternehmens, Terry Cunha. Mit der Steigerung der Mengen werde man voraussichtlich 2021 beginnen.
Kanadas Ölindustrie litt lange Zeit unter einem Mangel an Exportpipelines, da viele neue Pipelineprojekte Gegenwind durch entsprechende Gerichtsurteile und Maßnahmen von Umweltschützern verzögert wurden. Erst kürzlich wurde die Erweiterung der Keystone-Pipeline in den USA durch einen Beschluss des Obersten Gerichtshofs aufgehalten. Der Mangel an Pipelinekapazitäten hatte Ende 2018 zu einem starken Bestandsaufbau in Kanada geführt, aufgrund dessen die ölreiche Provinz Alberta temporäre Produktionskürzungen anordnete.
USA: Covid19 verlagert sich verstärkt in den Mittelwesten
Aufgrund von Faktoren wie „Ferien und anderen Reisegründen“ scheint sich die Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus in den USA von den Bundesstaaten des sogenannten Sonnengürtels (zu dem Kalifornien, Texas und Florida gehören) in den Mittelwesten der USA zu verlagern. Dies gab die Koordinatorin der Coronavirus Spezialeinheit des Weißen Hauses, Dr. Deborah Birx in einem Interview mit dem Sender Fox News bekannt.
So gab beispielsweise das Gesundheitsministerium des US-Bundesstaates Ohio zuletzt an, die Anzahl der Neuansteckungen an einem Tag habe in Ohio den stärksten Anstieg seit Beginn der Pandemie gezeigt.
Unterdessen teilte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des New Yorker Stadtrates, Mark Levine, am Donnerstag mit, die Fallzahlen in den nordöstlichen Bundesstaaten der USA würden ebenfalls wieder steigen, vor allem in New Jersey, Connecticut und Massachusettes. Derzeit sei New York noch „eine Insel innerhalb einer Insel,“ allerdings gäbe es auf allen Seiten Warnzeichen.
Angesichts der Verlagerung des Epizentrums der Covid19-Pandemie in den USA könnten weitere US-Bundesstaaten ihre restriktiven Maßnahmen zur Eindämmung des Sars-CoV-2-Virus wieder verschärfen, was nicht nur die Wirtschaft sondern auch die Ölnachfrage in Mitleidenschaft ziehen könnte.
Derweil nehmen auch in anderen Teilen der Welt die Fallzahlen wieder deutlich zu. So meldete Spanien am Donnerstag den stärksten Anstieg der Anzahl von Neuinfektionen seit dem Ende des Lockdowns. Rekordzahlen im Hinblick auf die Neuansteckungen gibt es außerdem in Vietnam.